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2024-06 Expedition en Bretagne

Diese Seite befindet sich - auch - im Aufbau. Die Zeit… die Zeit…

Bericht

Tag 1

Von Mannheim nach Pont l'Eveque, 794km in 9:35 Stunden

Bretagne… wilder Atlantik, Wind und Sturm, wechselhaftes Wetter und viel Natur. Bei der letzten Expedition (2023-09 Expedition en France) waren wir im Süden und flitzten innerhalb von drei Tagen in die Bretagne.

Diesmal machten wir es andersrum… aber der Reihe nach…

Sonntag Morgen, unser wunderbarer Bertl (Opel Astra Caravan mit Dachzelt) ist seit gestern gepackt. Heute noch die letzten Sachen rein, Kater versorgen und ab gehts auf die Piste. Die Routenplanung ist einfach aber effizient: rauf auf die Autobahn und über Kaiserslautern rein nach Frankreich. Ich (Richard) nehme unbeabsichtigt noch ein teures Foto von einem Foto-Service auf der Autobahn mit. Dass es rötlich blitzt verwirrt mich, aber das Foto ist tatsächlich recht scharf. Eine schöne und teure Erinnerung.

Ungeachtet des plötzlichen Blitzes brausen wir weiter gen Frankreich und überqueren tatsächlich bald darauf die Grenze. Frankreich empfängt uns mit schönem Wetter und guten Autobahnen.

Einige Wochen zuvor hatten wir uns einen sogenannten BIP & GO gekauft. Das ist ein kleines Plastikkästchen, welches die Maut für Autobahnen und Brücken u.dgl. im Vorbeifahren an einer Mautstation abbucht. Kein Anhalten mehr, kein Kramen nach Kleingeld oder der Kreditkarte… einfach durchfahren und gut. Und so begleitet uns zwei Wochen lang das lustige Piepsen des Geräts auf unseren Autobahnfahrten.

Am Ende haben wir rund 180€ für Autobahngebühren gezahlt - sind dabei aber auch über 4.000km durch Frankreich gefahren.

Für den ersten Tag haben wir uns viel vorgenommen: es soll ein großer Sprung in die Bretagne werden, um möglichst schnell an den Atlantik zu kommen. Paris umfahren wir großräumig über Metz, Reims, Amiens und Rouen nach Le Havre.

Nach über neuneinhalb Stunden Reise und knapp 800km landen wir in Pont l'Eveque. Ein kleiner See mit einer riesigen schwimmenden Spielburg auf dem Wasser wird von einem Strand und Bäumen eingerahmt.

Der zugehörige Campingplatz ist eher etwas gewöhnungsbedürftig. Die Nachbarn sind laut, die sanitären Einrichtungen glänzen durch Einfachheit und typisch französischer Ausstattung: keine Verbrauchsmaterialen (Klopapier und Seife) vorhanden, selbst die Klobrillen fehlen. Und so krabbeln wir erschöpft früh ins Bettchen, lesen und dösen und schlafen früh ein.

Tag 2

Von Pont l'Eveque nach St. Jacut de la Mer, 277km in 7:10 Stunden

Wir sind früh wach, wie so oft, und kraxeln aus dem Bettchen. Nach der Morgenroutine stapfen wir zum See. Richard setzt sich unter einen Baum am Ufer und meditiert. Sina lässt sich die Füße vom Seewasser umspülen und spaziert herum. Das Wetter ist etwas durchwachsen, aber dafür fliegen schnell dunkle und irgendwie auch farbenprächtige Wolken über uns, die Bäume rascheln im Wind und ab und an werden wir ein bisschen nass durch den Regen.

Heute wollen wir uns mehr Zeit lassen und nicht gar so weit fahren. Wir packen also gemütlich zusammen und steuern einen Supermarkt an. Dort kaufen wir unser Frühstück und genießen das bei einer Pause unter dem französischen Himmel. Es ist Vormittags noch regnerisch und stürmisch. Zuerst besuchen wir den Mont-Saint-Michel. Bzw. eigentlich besuchen wir ihn dann doch nicht, denn seit meinem letzten Ausflug hier her Ende der 1990er-Jahre hat sich viel verändert.

Es gibt nun weit, sehr weit vor dem Mont einen Parkplatz mit Shuttle-Service. Dort stapeln sich heute bereits lange Schlangen aus Autos und wir verlieren jegliches Interesse an dem Mont. Also brausen wir weiter.

Entlang der Küste, parallel zum GR34 (dem Zollweg rund um die Bretagne) brausen wir an Stränden vorbei. Zwischendurch spazieren wir auch über einen langen Strand mit toller Aussicht aufs Meer. Einige Wanderer begegnen uns, die den Zollweg Richtung Westen erwandern.

Wir kommen an einem Hafen vorbei, an dem zahlreiche Amphibien-Fahrzeuge stehen. Es handelt sich um Austernfischer mit großen Booten. Diese Boote haben recht kleine Räder im Rumpf, mit denen sie auch über den Strand fahren können.

Allerdings schüttet es aus Kübeln, während wir durch den Hafen kurven. Wir belassen es auch dabei und lenken unseren Bertl weiter nach Westen.

Irgendwann und irgendwo stoßen wir auf einen Parkplatz direkt an einer Bucht, an der die Wellen aus zwei Richtungen aufeinander stoßen. Das sieht lustig aus, weil die Wellen nicht gerade auf den Strand auflaufen, sondern aus zwei verschiedenen Richtungen schrägt zum Strand aufeinander zu laufen.

Und es regnet. Und so stehen Sina und ich im starken Regen an einem Strand, der Sturm rüttelt an den Regenjacken, die Wellen treffen sich und rollen den Strand herauf, in vielleicht 150m Entfernung auf einem sehr großen Felsbrocken im Meer steht ein Haus, ein paar GR34-Wanderer stapfen in der Nähe vorbei und wir erleben die Elemente der Natur in ihrer vollen Pracht.

Es ist schön.

Gegen Mittag klart sich aber der Himmel auf. Später scheint dann sogar die Sonne und es wird wärmer, in der Sonne richtig heiß.

Nachdem wir einen riesigen Supermarkt besucht haben, versuchen wir einen Campingplatz zu finden. Und tatsächlich haben wir Glück: ein Camping Municipal in St. Jacut de la Mer erweist sich als ideal. Ein schöner Platz direkt am Meer, tolle sanitäre Einrichtungen und die Nachbarn sind auch leise und nett.

Wie schön!

Am Nachmittag suchen wir das Meer. Es gibt einen Hinterausgang am Platz direkt zum Strand. Erwartungsvoll stapfen wir hinaus und schlendern die paar Meter zum Strand hinunter. Nur das Meer, das ist nicht da.

Wir befinden uns in einer Bucht. Hinter einer kleinen Halbinsel herum kommend sehen wir in weiter Entfernung gerade noch so am Horizont ein paar Kites und das Glitzern des Meeres. Zwischen uns und dem salzigen, kühlen Nass liegen einige viele Hundert Meter Watt.

Also stapfen wir parallel zum Ufer entlang, huschen durch Prile und erreichen den Strand auf der anderen Seite der kleinen Halbinsel. Gedankenverloren blicken wir in die Ferne, lassen uns den Wind um die Nase wehen und folgen dem Weg zurück zum Campingplatz.

Den Rest des Tages verbringen wir in unserem neu gekauften Pavillon-Zelt. Endlich können wir auch bei Regen oder Mörder-Sonnenschein geschützt und bequem sitzen und zum Beispiel essen oder die Beine hochlegen. Eine gute Anschaffung, die für luxurösen Komfort und Gemütlichkeit sorgt.

Wenn wir zu den wirklich schönen sanitären Einrichtungen schlendern, dann kommen wir bei den Zeltplätzen vorbei. Und hier sammeln sich am Abend die GR34-Wanderer. Mit Hund, ohne Hund, mit Bart, ohne Bart, alle mit Wanderschuhen und Rucksack. Geschafft sehen sie aus, aber auch glücklich.

Diese Bilder wecken unsere Wanderlust. Erinnerungen an Westweg (April 2022) und den (Heidschnuckenweg (September 2021) werden wach und wir schwärmen von der Leichtigkeit des Lebens auf Wanderschaft.

Tag 3

Von St. Jacut de la Mer nach Brehec en Plouha, 119km in 6:25 Stunden

Wir sind, wieder einmal, sehr früh wach. Sina schlüpft in ihre Jogging-Klamotten und trabt munter vom Platz. Ich dagegen bleibe aber noch etwas eingekuschelt im gemütlichen Bett in unserem Dachzelt und genieße die Ruhe.

Bevor Sina zurück kommt, will ich aber auch aktiv werden und schäle mich ein bisschen später aus der Decke, schlüpfe in meine kurze Hose, Hemd und Daunenweste (es ist doch noch etwas frisch hier) und schnappe mir die Meditationsbank.

Über den Hinterausgang gelange ich erneut zum Strand . und stelle fest: das Meer ist wieder weg. Also schaue ich mir die kleine Halbinsel an. Ein grasbewachsener Hügel ziert die kleine Landzunge und ich springe motiviert den Pfad hinauf. Links von mir sehe ich in weiter Ferne das Meer und den Sonnenaufgang, rechts ist die Bucht und das Watt und geradeaus ist die andere Seite der Bucht mit wunderschönen, lila Wolken am Himmel.

Vorne, an der Spitze der Landzunge, ist ein ruhiges Plätzchen mit Blick in den Sonnenaufgang. Gerade, als ich mich auf die Bank setze und meditieren möchte, meldet sich Sina vom Lauf. Sie ist gleich um die Ecke und ist nur wenige Minuten später bei mir. Zusammen genießen wir die wundervolle Morgenstimmung, betrachten die Sonnenscheibe, die langsam über den Horizont klettert.

Nach einigen genussvollen Minuten schlendert Sina zurück zum Platz und ich kann meditieren. Schön ist es hier und ich finde die Ruhe in der Stille des Sitzens.

Wir treffen uns nach dem Duschen am Pavillon-Zelt und frühstücken Baguette, französische Salami, Käse, Nussnougat-Creme und weitere Leckereien.

Zusammenpacken, Abbau und nochmals aufs Töpfchen und bereits kurz nach neun Uhr rollen wir vom Platz.

Wir wären eigentlich gerne noch eine Nacht auf diesem Platz geblieben, aber die Neugierde auf die Bretagne treibt uns voran.

Mit 13 Grad ist es noch etwas frischer, aber der Himmel ist blau mit kleinen Wölkchen, die sich lustig in der Weite des Himmels verlieren.

Wir folgen der Küstenlinie und staunen immer wieder ob der Aussicht. Keine Stunde später erreichen wir den noch recht leeren riesigen Parkplatz am Cap Frehel. Wir parken Bertl im Schatten, verkleiden wieder die Fenster und kämpfen mit dem Parkscheinautomaten. Hier tippt man das Kennzeichen ein, zahlt mit Karte und bekommt einen Ausdruck. Das klingt aber einfacher, als es ist… eine teilweise komplizierte Dialogführung, manchmal sind die Optionen unklar beschriftet… ich brauche länger dazu und ein Pärchen hinter mir sucht sich nach einigen Minuten einen anderen Parkscheinautomat.

Als die bürokratischen Hürden umschifft sind, folgen wir mit großen Schritten voller Vorfreude auf die Aussicht einem Pfad. Einige Fußgänger kommen uns entgegen, die Sonne strahlt vom Himmel und um uns herum wachsen Wildblumen und krautige Pflanzen, die den rauen Winden hier an der Steilküste trotzen können.

Und mit einem male erreichen wir die schroffen Felsen. Der GR34 verläuft hier direkt an der Felskante und folgt jeder Bucht und jeder Landzunge. Links von uns ist die Weite des Meeres, kleine Wellen lassen das Wasser glitzern. Wir müssen die Augen sogar ein bisschen zukneifen, so hell und strahlend ist es hier. Türkisgrünblau ist das Meer, emsige Fischerbötchen schaukeln auf dem Wasser, andere brausen mit weißen Heckwellen durch das Nass unbekannten Zielen entgegen.

Sina packt ihre Drohne aus und schickt diese wagemutig über die steil abfallende Küstenlinie hinaus aufs Meer. Nach wenigen Sekunden ist sie unseren Blicken entschwunden und wir können nur auf dem Display das Bild sehen, welches die Kamera der Drohen sieht. Sina zieht elegante Kurven, sinkt, steigt und fliegt so weit aufs Meer hinaus, dass ich schon einen echten Pub in England zu sehen vermeine.

Mich macht das etwas nervös und so konzentriere ich mich auf die kleinen Flächen ganz am Rand der Felsen. Hier kann ich fast senkrecht nach unten schauen - und die großen Wellen gewaltig und fast träge an die Felsen brechen sehen. Unzählige Vögel ziehen ihre Kreise, tauchen in Buchten ab und landen in kaum erkennbaren Felsnischen.

Ich genieße den Blick auf die Naturgewalten, gucke in die Sonne, aufs Meer und freue mich, hier zu sein.

Sina hat inzwischen ihre Drohne erfolgreich zurück beordert und sammelt das kleine Wunderding ein.

Wir drehen um und stapfen nun in die andere Richtung zum äußersten Punkt des Caps. Auf dem Weg dorthin beobachte ich eine Hummel, die - den kräftigen Windboen trotzend - mal hier hin fliegt, mal dorthin. Ich eile ihr nach, quer über den Weg und zurück und kann verfolgen, wie die Hummel ihrem Tagewerk nachgeht. Landen, in eine Blüte krabbeln, ein wenig rüsseln und schnell weiter zur nächsten Blüte. Die Flugwege sehen zufällig aus. Sie steuert so manche Blüte an, lässt sie aber dann links liegen und fliegt zur nächsten.

Aus einem Podcastprojekt des Tellerrand-Reporters weiß ich, dass Insekten einen Duftstoff an den Blüten hinterlassen, die ebenso schnell verfliegt, wie die Blüte neuen Nektar produziert. So verbrauchen die kleinen Flieger nicht unnötig Zeit mit der Feststellung, dass die Blüte bereits geleert wurde.

Nach einigen Minuten verliere ich die emsige Hummel aus den Augen und eile Sina hinterher. Sie ist bereits auf dem Weg zum Leuchtturm. Davor befinden sich ein paar Felsmauern, die Aussichtsplattformen bilden. Hier sind dann doch deutlich mehr andere Menschen unterwegs. Eine französische Schulklasse lauscht mäßig interessiert den Worten einer Vogelbeobachterin, die anscheinend Eier erklärt. Ich würde so gerne verstehen, was sie sagt. Hier fliegen nämlich ganz viele Vögel herum, so auch Haubenkomorane und Möwen. Ein spitzer, sehr hoher Fels ragt nur wenige Meter vor der Küste aus dem Wasser und hat eine ähnliche Höhe, wie die Küste. Wie ein Zuckerhut schaut er aus und ist über und über weiß. Das ist, wie meine Nase schnell feststellt, Vogelkot. Und als ich genauer hinschaue erkenne ich, dass Hunderte von Möwen dort sitzen. Hier ziehen sie ihre Jungen auf.

Erst jetzt erkennen Sina und ich, dass ein paar Vogelbeobachter mit Klemmbrett und Fernrohr auf Stativ an den unmöglichsten Stellen im Fels sitzen. Eine Beobachterin ist auf dem letzten Felszipfel an einer Landzunge, kaum einen Quadratmeter groß scheint die Fläche zu sein, überall um sie herum geht es senkrecht ins Meer. 30, 40m Höhe schätze ich. Starke Windboen zerren an uns und dort sitzt die Dame mit dem Fernrohr am Rande des Abgrunds und beobachtet Vögel.

Ich bin erstaunt und neugierig, suche nach weiteren Beobachtern und entdecke noch einige. Ich habe keine Ahnung, wie der eine Beobachter mitten in den Fels kommt, weit und breit kein Pfad, kein Weg, kein gangbarer Untergrund, Ob er selbst dorthin geflogen ist…?

Langsam stapfen wir weiter und ich entdecke einen Fischer auf einem Motorboot. Mit der einen Hand versucht er die Angel zu bedienen, die in einer Halterung am Boot steckt. Mit der anderen Hand muss er sich festhalten, weil das Boot wild auf den Wellen schaukelt. Mit den gespreizten Beinen stämmt sich der Fischer in die Seite des Bootes, sein Schwerpunkt balanciert sich auf dem Stuhl vor dem Steuerrad aus.

Da das Boot wild schaukelnd auf die Küste zu treibt, muss er nun noch zusätzlich den Gashebel und das Steuer bedienen. Dabei die Angel bedienen, damit sich die Leine nicht in der Schraube verfängt.

Minutenlang beobachte ich seinen Kampf mit den Wellen, dann biegt er um das Cap herum. Und als wir in diesem Moment gedankenverloren auf das kabbelige Meer schauen, da sehen wir etwas tauchen und wieder auftauchen, durchs Wasser gleiten. Elegant, glänzender Rücken. Moment… das sind ja mehrere Rücken, die unregelmäßig die Wasseroberfläche durchstoßen und kurz darauf wieder abtauchen.

Gemeinsam rätseln wir kurz, was das sein könnte. Und dann sagt Sina: „Das sind Delphine!“. Erstaunt, ehrfürchtig und begeistert zu gleich beobachten wir die eleganten Tiere, wie sie durch das Meer fliegen. Zielstrebig und so locker, frei, beschwingt… eindrucksvoll!

Als die Delphine außer Sicht geraten, stapfen wir fröhlich über das Cap zur anderen Seite und ich entdecke den Fischer mit seinem Bötchen wieder und beobachte, wie er seinen Kampf fortführt. Welch Unterschied zu den Delphinen.

Übermütig und begeistert von der wundervollen Farbe des Meeres springe ich über Felsen und klettere nahe an der Küste entlang. Sina ist ein paar Meter über mir etwas weiter im Land auf einem guten Weg unterwegs, ich stapfe durch das Gras und klettere über Felsen.

Das Rauschen des Meeres, die Wellen, die sich schäumend am Fels brechen, der Wind, der an meinem Hemd zerrt - diese Naturgewalten sind wundervoll und lasse mich ganz und gar einfangen von dieser schönen Stimmung.

Den Leichtturm umgehen wir und stapfen durch die Sonne zurück zum Auto.

Uns erstaunt, dass das Cap Frehel - eine der Hauptsehenswürdigkeiten in der Gegend - doch so natürlich und schön ist. Ganz entgegen unserer Erwartung war es Natur pur, die wir hautnah und mit allen Sinnen erleben durften.

Der Parkplatz ist inzwischen rappelvoll und zufrieden packen wir Bertl aus. Die Sonne aus dem Wageninneren auszusperren hat so viele Vorteile - und die Fensterabdeckung haben wir ja selbst gebaut. Aus Resten. Perfekt passend. Die Riegel für die Befestigung sind auch eine eigene Idee und bestehen ebenfalls aus Resten.

Zufrieden springen wir ins Auto, schmeißen die Klimaanlage an und brausen weiter gen Westen.

Wir machen ab und an Zwischenstopps. So auch an einem Parkplatz direkt am Meer. Eine sehr steile Straße führt hinunter. Später geht es eine andere steile Straße hinauf. Am Strand rauschen die Wellen auf den Sand und ich halte meine Füße ins Wasser. Schön hier. Überall liegen sogenannte Schulpe herum und natürlich Algen.

In einem Supermarkt erstehe ich eine schöne, leichte und luftige kurze Hose. Diese hat zwar auch Taschen an den Beinen, aber sobald diese mit nur einem Mikrogramm befüllt wurden, fällt die Hose fast auseinander.

Ebenso kaufen wir hier eine neue Straßenkarte von Frankreich. Wir navigieren ja viel mit der Karte - natürlich immer wieder unterstützt vom Navi - und diese Frankreich-Straßenatlanten sind meine Leidenschaft. Am liebsten im Maßstab 1:200.000. Hier finden wir einen würdigen Nachfolger meiner Karte von 2017 und einen Schlüsselanhänger mit einem Triskele darauf. Suche ich doch lange schon einen hübschen Schlüsselanhänger, der mich an Reisen erinnert.

Mit diesen Dingen und viel Essen im Wagen rollen wir zu Bertl zurück, der in der prallen Sonne auf dem Parkplatz wartet. Einladen, Einkaufswagen wegbringen, Motor starten und Klima anschmeißen. Und schon gehts weiter.

Nach nur knapp 120km Tagesleistung und fast sechseinhalb Stunden Reisezeit erreichen wir Brehec en Plouha. Es ist erst ca. 15 Uhr. Die Rezeption des Campingplatzes ist verschlossen und ich rufe die dort angegebene Nummer an. Ich spreche kaum drei Worte Französisch, die Dame am Telefon ungefähr genauso viele Worte Englisch. Trotzdem schaffen wir es, unser Anliegen vorzutragen und schon kurz darauf checken wir ein. Oder wir versuchen es. Denn ein Anruf kommt bei der Dame dazwischen und die nächsten rund 20 Minuten verbringen Sina und ich mit Warten. Als sich die Dame endlich wieder Zeit nimmt, checken wir ein und suchen uns ein Plätzchen.

Eine lange Reihe von Mobile Homes steht in unserem Rücken - ein neuer Trend im Camping. Es handelt sich dabei um kleine Häuschen auf Rädern. Genutzt werden sie aber nur stationär. Die Dinger sind immer mehr im Kommen. Die und die Wohnmobile. Unser kleiner Bertl ist schon fast eine Koryphäe.

Als wir das Dachzelt und den Pavillon aufgebaut haben, krabbelt Sina erschöpft ins Bettchen. Ich lese in meinem sehr coolen Buch, welches ich extra für die Reise gekauft habe. Ein Abenteuerroman. Spannend.

Und so kämpfe ich mich gerade durch einen Dschungel, erklettere eine kilometerhohe Steilwand, auf der sich drachenartige Wesen bewegen und von der Zivilisation verschonte Menschen leben. Lebensgefahr und Spannung. Als mich plötzlich der Zeltnachbar besucht.

Er hat einen Wohnwagen und genau unser Pavillon - aber noch unaufgebaut. Außer Französisch kann er keine Sprache und wir unterhalten uns zu 98% per Zeichensprache.

Er bittet mich um Hilfe beim Aufbau seines Zeltes. Diese sage ich natürlich gerne zu, auch wenn der Knabe eine Alkoholfahne hat, die drei Meter gegen den Wind „duftet“.

Ich übernehme das Kommando und gemeinsam steht der Pavillon nach 20min dort, wo er soll. Er dagegen erzählt mir stolz, dass er den Wohnwagen für 3.000€ gebraucht vor wenigen Tagen gekauft hat. Zum Dank für meine Hilfe bietet er mir Bier an, danach will er uns zum Grillen einladen. Lachend lehne ich ab und schnappe mir ein alkoholfreies Bier aus unserem Vorrat - und vertiefe mich wieder ins Buch.

Dösen, ab und an mal Pipi machen, Wasser trinken, Lesen… Urlaub halt.

Und schon neigt sich der Tag dem Ende zu und wir krabbeln ins Dachzelt.

Leider ist das mobile Home hinter uns bewohnt. Ständig stapft jemand mit schweren Schritten durch das Teil, verschiebt einen Stuhl und lässt sich dort fallen. Kurze Zeit steht diese Person wieder auf und stapft wieder durchs Häusle. Da das Haus auf Rädern steht, wirkt der ganze Boden als Membran und das Poltern ist echt laut.

Sina stopft sich Ohrstöpsel in die Öhrchen und ich tue es ihr gleich. Auch diese Nacht geht rum.

Am Morgen des zweiten Tages hatten wir uns über Lärm unterhalten und wie wir diesem begegnen können. Bislang habe ich durchaus den frühen Morgen dazu genutzt, Nachbarn, die bis spät in die Nacht Lärm gemacht haben, mit Lärm zu beglücken. Das machte mich nie glücklich, setzte mich eher unter Stress. Bin ich doch eher ein leiser Mensch.

Und im Gespräch mit Sina erkenne ich, dass ich ja auch als gutes Vorbild voran gehen kann. Also räche ich mich nicht und verhalte mich so ruhig, wie ich nun mal bin. Das tut mir gut, auch wenn mich die Rücksichtlosigkeit anderer Zeltnachbar nervt.

Tag 4

Von Brehec en Plouha nach Primel Tregastel, 148km in 8:00 Stunden

Kaum geht die Sonne auf, gehen unsere Äuglein auch auf und wir sind wach. Ein bisschen Dösen, quatschen und sich gegenseitig die Träume erzählen. Und dann pellen wir uns aus den Decken, ziehen uns im Liegen an und wer zu erst fertig ist, schnappt sich die „Angel“ und geht fischen.

Im Dachzelt fischen wir keine Fische, dafür aber Türgriffe. Denn wir nutze keine Leiter, um ins Dachzelt zu klettern. Als Tritt dienen uns die hinteren Türen am Auto. Um die Türen von oben zu öffnen, brauchen wir aber die Angel.

Sie besteht aus einem Stückchen Seil und einem Metallhaken. Damit angeln wir dann den Griff. Das geht schnell und funktioniert. Außerdem übt es am frühen Morgen die Motorik ;)

Wir klettern also herunter und greifen die Dinge, die wir für die Dusche brauchen. Gemeinsam stapfen wir zum Sanitärgebäude und verschwinden für die große Morgenreinigung.

Zurück am Auto beginnen wir mit dem Packen. Sina kümmert sich in der Regel um das Dachzelt, während ich die Beladung von Bertl reorganisieren. Wir achten zwar darauf, möglichst alles immer abfahrbereit vorzubereiten (man weiß ja nie, was Nachts passiert und ob man schnell weg muss), aber es bleibt natürlich genug Kram übrig, der weggeräumt werden muss. Das Pavillon bauen wir gemeinsam ab, verstauen die Stühle, sortieren den Müll und dann sind wir auch schon fertig für die Abreise.

Langsam rollen wir vom Platz. Direkt hinter der Schranke befinden sich die Mülleimer und ich springe aus dem Auto und verteile unsere Sächklein in die Container.

Über eine kurvige Straße gehts den Berg hinunter. Ich hatte in OpenStreetMap einen Parkplatz entdeckt, von dem ich mir eine schöne Sicht aufs Meer erhoffe. Nach wenigen Minuten erreichen wir diesen und halten kurz an. Nett, aber auch nicht total beeindruckend. Also rollen wir hinunter ins kleine Städtchen. Malerisch ist es hier. Und man kann zum kleinen Hafen herunterfahren und dort auf den Strand wechseln. Mit dem Auto. Mich juckt es in den Fingern. Gerne würde ich mal über Strand fahren. Aber… nun ja… die Vernunft und Sinas Bedenken lassen mich das Lenkrad dann doch nach Links drehen. Und so fahren wir an der Abfahrt rechts neben uns vorbei und schrauben uns den Berg hinauf. Wir folgen den Route de la Corniche. Das sei eine schöne touristische Straße. So sagt uns das ein großes Schild an der Straße und unser cooler Straßenatlas.

Es geht steil hinauf über enge Sträßchen und durch viele Kurven hindurch. Plötzlich fahren in den Himmel - so wirkt es zumindest, denn die Straße führt auf eine Steilküste zu. Hier ist ein Parkplatz und ohne lange zu überlegen, rollen wir auf den Platz und parken direkt am Abgrund (Position: geo:48.72893,-2.94686?z=17 bzw. OSM-Link).

Einige Wohnmobile stehen hier und wir entdecken ein Schild, dass die Übernachtung im Wohnmobil gestattet. Selten sieht man sowas. Drei oder vier Wohnmobile stehen hier und ein kleiner PKW, der offensichtlich auch als Mini-Wohnmobil genutzt wird.

Wir springen aus dem Auto, Sina packt die Drohne aus und ich schaue hinaus aufs Meer.

Denn diese Aussicht ist grandios. Rechts schräg unter uns ist der Strand des kleines Dörfchens zu sehen, an dem wir wenige Minuten zuvor vorbei gefahren sind. Ein mutigerer Autofahrer als ich kurvt auf den Strand zu seinem Boot und bereitet alles für eine Fahrt aufs Meer vor. Ich beobachte ihn und genieße den weiten Blick aufs Meer und die eindrucksvolle gegenüberliegende Steilküste.

Unterdessen fliegt Sina mit ihrer Drohne und in die Bucht und macht wunderschöne Bewegtbildaufnahmen vom Meer, Möwen, Menschen und Strand.

Ein Mann und eine Frau krabbeln zeitgleich aus ihrem Wohnmobil und bauen an dem gemütlichen Holztisch mit Bänken ihr Frühstück auf. Auf ihre mitgebrachten Unterlegmatten stellen sie die Müslischüsseln und den Kaffee. Genüsslich knabbern sich die beiden durch ihr Müsli und nach einiger Zeit kommen wir ins Gespräch.

Sie schwärmen von diesem Platz, wie sie ihn über eine App gefunden haben und dass sie im selbstausgebauten Wohnmobil unterwegs sind.

Meine Neugierde siegt und ich frage nach einer Führung durch ihr mobiles Heim. Freudestrahlend zeigen sie uns dann ihre Auto. Liebevoll und präzise ausgebaut, mit allerlei feinen Details gespickt. Ein halbes Jahr mit täglicher Arbeit haben sie in den Ausbau gesteckt. Enge Absprachen mit dem TÜV und so manch mutiger Schnitt ins Blech der Karosserie musste getan werden. Aber das Ergebnis kann sich wirklich sehen lassen.

Er gibt mir zahlreiche Tipps und erzählt Anekdoten zum Ausbau, sie zeigt sie verspielten Details in der Ausstattung, die sehr schlau durchdacht sind.

Erst nach einiger Zeit trennen wir uns wieder. Sina und ich folgen nun der Touristic-Route entlang der Steilküste. Eine Einbahnstraße ist das hier, entsprechend entspannt cruisen wir durch den Morgen. Immer wieder sehen wir das weite Meer in türkisblau, auf dem glitzernd die Sonnenstrahlen tanzen. Ein paar Schäfchenwolken, Möwen und Fischerbotte. Wundervoll. Nichts los hier, ein paar Hundespaziergänger begegnen uns.

Am Ende der Straße an einem besonders schönen Ausblick parkt ein Auto, in dem sich gerade ein Pärchen miteinander vergnügt. Als wir ankommen, schlüpfen sie schnell in ihre Klamotten, während wir weiter rollen und dann in größtmöglicher Entfernung aussteigen. Ein schönes Plätzchen haben sie sich auf jeden Fall ausgesucht (Pointe de Minard).

Sina lässt erneut die Drohne fliegen und schaue hinaus aufs Meer. Der Atlantik zieht mich irgendwie magisch an.

Nach einiger Zeit springen wir ins Auto und haben Hunger. Also suchen wir uns einen Supermarkt. Wir wollen auf die nächste Halbinsel hier im Norden der Bretagne und dort eine Touristenattraktion besuchen: ein einsames Haus, das zwischen zwei Felsen eingeklemmt steht.

Es liegt weit ab der großen Straßen und so rollen wir durch Dörfchen und enge Straßen immer weiter hinein in das Hinterland. Steinhäuser, Büsche, Felsen. Wunderschön.

Wir erreichen einen riesigen Parkplatz und folgen dem breiten Fußweg, auf dem uns zahlreiche Gruppen und Einzelreisende entgegen kommen. Nach einigen Minuten erreichen wir die Attraktion und… naja… „sind enttäuscht“ ist untertrieben.Unzählige Menschen stapeln sich vor einem dreckigen und veralgten Tümpel. Kurz dahinter parkt ein rotes Auto vor einem Haus zwischen zwei Felsen. Und sonst ist da nix. Es sieht langweilig und völlig bescheuert aus.

Vergleicht man diesen Blick mit den Fotos, die vom Haus existieren, bekommt man einen Lachkrampf.

Erst später lese ich, dass das Haus seit Jahren in Privatbesitz ist und die Besitzerin das Auto absichtlich vor der Tür parkt, um das Fotomotiv künstlich schlechter zu machen. Sie streitet um Lizenzkosten und - dafür habe ich vollstes Verständnis - ist vermutlich ganz schön genervt von den Horden an Menschen, die zu ihrem Haus stapfen und es fotografieren.

Enttäuscht stapfen wir zurück und kämpfen dabei mit unzähligen nervigen Fliegen, die uns in die Ohren krabbeln wollen.

Am Parkplatz treffen wir tatsächlich die beiden Wohnmobil-Ausbauer wieder und quatschen noch kurz zusammen.

Dann packen Sina und ich zusammen und fahren ab.

Zunächst klappt die Navigation super. Wir fahren auf möglichst direkten Wege tief ins Landesinnere, um dort die erste Brücke auf die andere Halbinsel zu nehmen. Aber etliche Straßensperrungen sorgen für lustige Umwege. Es ist nie so ganz klar, was eigentlich genau gesperrt ist, wie weit wir dem Umweg folgen müssen. Ich versuche zwischendurch also immer wieder eine Abkürzung zu nehmen und am Ende fahren wir viele Kilometer über kleine Sträßchen, stehen vor der Brücke im Stau und gelangen irgendwann tatsächlich auf die Halbinsel.

Und wir wollen einen schönen Campingplatz finden. Intensive Forschung in Apps, Internet und Karten führen uns schließlich zu einem ganz einfachen Campingplatz direkt am Srand mit wundervoller Aussicht aufs Meer. Eine riesige Bucht, weißer Sand und verdammt viel Wind.

Der Platz ist nur Nachmittags besetzt und bietet kaum Windschatten. Wir können nun mehrere Stunden warten, bis die Rezeption wieder besetzt ist oder weiterfahren.

Etwas frustriert fahren wir letztendlich dann weiter und folgen der Küstenlinie.

Statistik

Gelernt

Wie war es? Probleme und tolle Momente


Tags:
Auto, Frankreich, Reise